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Landschaftsarchäologie Glauberg
Untersuchungen im territorialen Umland des Glaubergs: Zur Genese und Entwicklung eines Fürstensitzes in der östlichen Wetterau
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Projektbeschreibung



Projektziele

Kernziel des Projektes ist die Gewinnung umfassender Erkenntnisse über das nähere Umfeld des Glaubergs: zum einen wird die Funktion des monumentalen Wall-Graben-Systems und seiner umhegten Areale erforscht, zum anderen wird systematisch nach eisenzeitlichen Fundstellen (Siedlungen, Nekropolen) gesucht.
Die Erforschung des Glaubergs und seiner Umgebung vermag zum Kern der Frage des Zentralisierungsprozesses beizutragen (z. B. Definition der Begriffe „Zentralort“ und „Stadt“). Archäologische Prospektionen und Ausgrabungen stellen die wichtigsten Arbeitsmethoden des Projekts dar.

Es findet eine enge Zusammenarbeit mit den Projekten "Fürstensitz Glauberg" (Dr. H. Baitinger/Dr. F.-R. Herrmann/Dr. S. Sievers), "Archäobotanik Fürstensitze" (Dr. A. Kreuz), "Vegetationsgeschichte Eisenzeit" (Dr. A. J. Kalis/Dr. A. Stobbe) und "Fürstensitze und Umland" (Dr. A. Posluschny/Dr. S. Sievers) statt.
Mainzer Prospektionen und Ausgrabungen   [zoom]


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Forschungsgeschichte

Der Burgwall
Nach ersten Untersuchungen durch E. Anthes 1911-13, die ohne konkretes Ergebnis blieben, setzten großflächige Ausgrabungen auf dem Bergplateau und an den Wehranlagen unter Leitung von H. Richter zwischen 1933 und 1939 ein (Richter 1934; 1959). Leider wurden fast alle Grabungsunterlagen und Funde in den letzten Kriegstagen 1945 zerstört.
Zwischen 1985 und 1998 fanden Grabungen des Landesamts für Denkmalpflege Hessen unter Leitung von F.-R. Herrmann statt (Frey/Herrmann 1997; Herrmann 1998; 2000; Katalog Frankfurt 2002). Die Untersuchungen auf dem Bergplateau galten der Klärung der Befestigungsanlagen; die Innenfläche des Burgwalls wurde nicht untersucht.

Nach den Grabungsergebnissen von Richter und Herrmann ist es hinreichend klar, dass das Bergplateau schon zur Zeit der Rössener Kultur (Mitte des 5. Jahrtausends v. Chr.), der Michelsberger Kultur (um 4000 v. Chr.) und der jüngeren Urnenfelderkultur (10.-9. Jahrhundert v. Chr.) intensiv besiedelt war. Die größte Siedlungsintensität wurde jedoch während der Späthallstatt-/Frühlatènezeit (6.-4. Jahrhundert v. Chr.) erreicht, als die Siedlung zum ersten Mal befestigt wurde. Ein geringer Fundbestand bezeugt auch eine Besiedlung des Burgwalls in der Spätlatènezeit. Qualitätvolle Funde machen es außerdem wahrscheinlich, dass der Glauberg im 4./5. Jahrhundert Sitz eines alamannischen Kleinkönigs war, der bis zum Sieg der Franken um 500 n. Chr. bestand. In der Merowinger- und Karolingerzeit, im 7.-9. Jahrhundert, wird der Glauberg zu den sogenannten „Stadtbergen“ gerechnet. Schließlich erlebte der Platz eine letzte Blüte im Hochmittelalter, als die staufische Reichsburg (Glauburg - 1247 und 1258 urkundlich erwähnt) im Ostteil der älteren Befestigung erbaut wurde. Zu dieser Zeit erstreckte sich über das gesamte Plateau eine Siedlung, die als Versuch einer Stadtgründung gilt.
Die Befunde und Funde vom Plateau sollen im Rahmen des Projektes „Fürstensitz Glauberg“ ausgewertet werden.

Rekonstruierter Grabhügel 1 mit Beginn der Prozessionsstrasse; im Hintergrund der bewaldete Glauberg (Foto: P. Mertl)   [zoom]
Die Grabhügel
Durch Luftbildaufnahmen wurde ein Fürstengrabhügel in der Flur „Am Seiler“ 1987 entdeckt. Systematische Ausgrabungen folgten zwischen 1994 und 1997. Der monumentale Grabhügel (Hgl. 1) bedeckte zwei reich ausgestattete Gräber. Knapp nordwestlich des Hügels kamen die bekannte überlebensgroße Sandsteinstatue sowie Bruchstücke von drei weiteren zu Tage. Der Kreisgraben um den Grabhügel ist nicht geschlossen, sondern setzt sich in Form von zwei parallelen Gräben als 350 m lange „Prozessionsstraße“ entlang eines Geländerückens in südöstlicher Richtung fort. Ein zweiter, kleinerer Grabhügel (Hgl. 2) wurde 1999 ausgegraben. 40 m westlich von Hgl. 1 untersuchte man ein Grabenviereck mit 11-12 m Seitenlänge. Schließlich führte 1994 das Hessische Landesamt für Bodenforschung (K. J. Sabel, W. Rosenberger) auf einer Fläche von 250 x 250 m um Hgl. 1 eine bodenkundliche Feinkartierung durch (Katalog Frankfurt 2002).

Die Annexwälle (Nordhang)
Am Nordhang des Glaubergs wurde eine Fläche von 12 ha durch mächtige Annexwälle umschlossen, die wahrscheinlich zur Verteidigung eines riesigen Wasserreservoirs im Nordwinkel dienten. Bei den Ausgrabungen H. Richters wurden zwar drei Profilschnitte durch die „Annexwälle“ angelegt, die angeblich eine Datierung in die
Annexwallschnitt Richter, Welschlache (Foto: Nachlass Richter [Heimat- und Geschichtsverein Glauburg])   [zoom]
Späthallstattzeit bezeugen, Unterlagen und Funde, die diese Aussage erhärten könnten, sind allerdings größtenteils verloren. Bei einer kleinen Ausgrabung („Grillplatz“) durch das Landesamt für Denkmalpflege kamen einige eisenzeitliche Scherben zum Vorschein, und weitere angeblich späthallstattzeitliche Scherben wurden aus Maulwurfhügeln an der Westseite der Fläche von W. Erk gesammelt.

Das Wall-Grabensystem (Südhang)
Die Wall- und Grabensysteme im Umfeld des Glaubergs spielen eine außerordentlich wichtige Rolle für das Forschungsprojekt. Die über 20 m breiten, 5 m hohen Wälle und 15-20 m breiten Gräben sind vor allem im südlichen Vorfeld des Glaubergs entweder weitläufig erhalten oder durch geophysikalische Prospektion erfasst. Nördlich des Enzheimer Köpfchens kann der Wall bzw. Graben - mit einer großen Unterbrechung - über eine Länge von etwa 720 m verfolgt werden. Der weitere Verlauf ließ sich mit herkömmlichen Prospektionsmethoden nicht erkennen. Östlich vom Enzheimer Köpfchen ist das Wall-Graben-System auf einer Länge von insgesamt 1650 m feststellbar. Obwohl es keineswegs als vollständig erfasst gelten darf, ist ein umhegtes Areal von mindestens 1,5 km² zu vermuten. Diese weitläufigen Gräben und Wälle sind nie Gegenstand einer archäologischen Untersuchung gewesen. Allein die sog. „Prozessionsstraße“, die anscheinend an den Graben östlich des Enzheimer Köpfchens anschließt, und teilweise von F.-R. Herrmann ausgegraben wurde, spricht für eine Entstehung des gesamten Wall-Graben-Systems zur Zeit des frühlatènezeitlichen Fürstengrabhügels.

Das nähere Umfeld des Glaubergs
Im unmittelbaren Umfeld des Glaubergs sind durch die Bemühungen von F.-R. Herrmann einmalig gute Voraussetzungen für landschaftsarchäologische Forschungen geschaffen worden. Am Fuße des Glaubergs wurde aus der Nidderaue bei Heegheim ein Pollenprofil untersucht, das u.a. wichtige Ergebnisse zur Vegetation der Eisenzeit ergeben hat (Katalog Frankfurt 2002, 121-129). Ferner unternahm F. Eckle zwischen 1986 und 1991 die genaue topographische Vermessung (1:1000) eines Areals von 2,4 km² um den Glauberg. Wichtig sind jedoch vor allem die umfangreichen geophysikalischen Prospektionen westlich, südlich und östlich des Glaubergs, die zwischen 1994 und 2001 von M. Posselt und B. Zickgraf durchgeführt wurden (Katalog Frankfurt 2002, 108-113). Auf einer zusammenhängenden Messfläche von 2,5 km² Ausdehnung wurden etwa 23 archäologische Fundstellen lokalisiert und ihre Struktur und Ausdehnung dokumentiert.
Schließlich spielen Feldbegehungen vom Heimat- und Geschichtsverein Glauburg (W. Erk), die hauptsächlich im unmittelbaren südlichen Umfeld des Glaubergs stattgefunden haben, eine wichtige Rolle. Im Laufe langjähriger Begehungen konnte Erk eine Vielzahl meist vorgeschichtlicher Fundplätze entdecken, u. a. mehrere bandkeramische und eisenzeitliche Siedlungen und mindestens ein urnenfelderzeitliches Gräberfeld. Seine umfangreiche Sammlung befindet sich heute im Museum Glauburg. Lediglich eine eisenzeitliche Siedlungsstelle (frühlatènezeitliche Siedlungsgrube) wurde vom Verein in der Flur „Am Seiler“ bisher ausgegraben (Wagner 1989).

Die weitere Umgebung des Glaubergs
Im Vergleich mit den vorzüglichen Voraussetzungen für landschaftsarchäologische Forschungen im Vorfeld des Glaubergs ist der Forschungsstand in der weiteren Umgebung schlecht. Eine Übersicht der bekannten Fundstellen wird durch eine Arbeit von T. Saile erleichtert (1998). Ferner liegen die wichtigen Arbeiten zur Mittelbronze-, Urnenfelder-, Hallstatt-, Frühlatène- und jüngeren Latènezeit von B. Pinsker (1993), F.-R. Herrmann (1966), A. Schumacher (1972; 1974), C. Bergmann (1997) und M. Seidel (2000) vor.

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Letzte Änderung: 04.09.2009